Albert Schweitzer Stiftung | Wohnen & Betreuen Logo

 

Stiftungsgründung am 1. Februar 2021

„Die Stiftung ist bis heute eine Erfolgsgeschichte“

Am 1. Februar 1997 wurde die Albert Schweitzer Stiftung – Wohnen & Betreuen gegründet. Damals mit dabei: Gert Schilling, Bezirksbürgermeister von Weißensee und späterer erster Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Der heute 76-jährige glaubte immer an den Erfolg der Übertragung der beiden kommunalen Einrichtungen in Blankenburg und Weißensee in eine Stiftung bürgerlichen Rechts und machte dafür mit viel Engagement und Beharrlichkeit den Weg frei. Zum Jubiläum erinnert er sich an diese Zeit.

Herr Schilling, Sie haben den Weg für eine erfolgreiche Stiftungsgründung geebnet. Wie kamen Sie dazu und überhaupt auf die Idee einer Stiftungsgründung?

1990 wurde ich Bezirksbürgermeister von Weißensee. Die beiden Standorte fielen dadurch in meinen Verantwortungsbereich. Unter anderem musste ich auch die Gehälter für die Mitarbeiter*innen beantragen, was immer wieder auf Unwägbarkeiten im Berliner Senat stieß. Kurz nach der Wende gab es verschiedene Sichtweisen in Ost und West, auch über die Begrifflichkeiten. Insbesondere ein „Krankenpflegheim“ gab es im Westen nicht und weckte Unverständnis. Es gab deshalb die Tendenz, alles aufzulösen, indem einfach die Personalmittel gestrichen werden. Das wollte ich verhindern. 1995 wurde ein neues Sozialgesetzbuch verabschiedet, bei dem freie gemeinnützige und private Träger bevorzugt werden sollten. In diesem Moment stellten wir uns die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, die beiden Standorte in eine solche Trägerschaft zu überführen.

Der Weg dorthin gestaltete sich als recht kompliziert. Was war die größte Herausforderung?

Mein Vorteil war, dass ich als Bezirksbürgermeister auch Vorsitzender des Sozialausschusses des Rates der Bürgermeister war und so einen leichten Zugang zur Senatorin für Soziales und zum Staatssekretär und anderen Bezirksbürgermeistern hatte. Dennoch war es zunächst eine Herausforderung, erstmal eine geeignete Rechtsform zu finden. Schlussendlich gab es ein Gutachten mit 15 Möglichkeiten, wie man eine kommunale Einrichtung in eine freie Trägerschaft überführen kann. Bei den Westberliner Stadträten stießen wir auf Widerstand. Sie hatten gerade kommunale Trägerschaften bei sich durchgesetzt. Bei uns im Osten gab es durch die Wende eine größere Bereitschaft für Veränderungen. Doch schlussendlich sprachen mehrere Faktoren für die Übertragung und überzeugten:  Alle bisherigen Stiftungsgründungen waren sehr erfolgreich, während kommunale Einrichtungen zu kämpfen hatten. Zudem schlugen wir eine Stiftung des bürgerlichen Rechts vor, bei der die Bezirke ihre Mitbestimmungsrechte nicht verlieren würden, die allerdings von den Unwägbarkeiten des Berliner Landeshaushaltes entkoppelt wäre.

Was musste als nächstes gemacht werden, um die Stiftungsgründung vorzubereiten?

Wir mussten sehr konzentriert und detailgenau planen. Schließlich ging es um Menschen, Bewohner*innen, und Mitarbeiter*innen, für letztere musste zum Beispiel ein neuer Vertrag mit den Gewerkschaften ausgehandelt werden. Grundstücke, Gebäude und Inventar mussten erfasst und bewertet werden. Wir bildeten eine Arbeitsgruppe, in der sich übrigens auch einer der späteren Geschäftsführer, Johannes Bresch, befand und stellten einen Plan auf.

Dann stand der Termin am 1. Februar 1997 fest. Der Senatsbeschluss „Errichtung der Albert-Schweitzer-Stiftung für pflegebedürftige und ältere Menschen in Berlin“ wurde am 21. Januar 1997 gefasst, dem Abgeordnetenhaus unterbreitet und erhielt die Zustimmung.

Was passierte am Tag der Stiftungsgründung?

Es war ein kalter und grauer Sonnabend. Meine Frau hatte Geburtstag, das war für mich ein gutes Zeichen. Alle Unterzeichner mussten unbedingt im heutigen Haus Berlin erscheinen, sonst hätten wir den Termin verschieben müssen und hätten kurzfristig kein Geld mehr für das Personal gehabt. Doch es klappte alles, die Stimmung war gelöst und wir haben angestoßen. Ich wurde Vorstandsvorsitzender und blieb es bis 2006.

Unterschriften zur Stiftungsgründung

Was waren nach der Stiftungsgründung die nächsten Schritte?

Herr Lehmann wurde mit Erfahrungen bei einem freien Träger Geschäftsführer. Die größte Herausforderung war dann, die damals 300 Mitarbeiter*innen zu überzeugen, mit in die neue Stiftung zu gehen. Unser Argument war, dass eine Stiftung bürgerlichen Rechts nur sich selbst gehört und so jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin die Verantwortung mitträgt, dass es klappt. Dieser neue Gedanke der Eigenverantwortung überzeugte viele, nur 5 von ihnen wollten den Weg nicht mitgehen.

Wie bewerten Sie die Entwicklung der Stiftung bis heute?

Die Stiftung ist ein wirtschaftlich und sozial sehr erfolgreiches Unternehmen geworden mit großem Ansehen in der Region Berlin. Die Mitarbeiter*innen haben einen erstaunlichen Prozess durchlebt, der sie aus dem Staatsdienst hin zu echten Dienstleistern führte. Ich freue mich immer, wenn ich zwei bis dreimal im Jahr in der Stiftung bin. Es sieht alles so schön und gepflegt aus und wenn ich Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen anspreche, bemerke ich die Freundlichkeit und die entspannte Atmosphäre. Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir damals die Arbeitsplätze erhalten konnten und sogar im Laufe der Zeit mit der Erweiterung der Angebote noch neue hinzugewinnen konnten. Das ist eine richtige Erfolgsgeschichte.

Das Interview führte Jill Büldt, Öffentlichkeitsarbeit