Gerhard Meißner: „Ich habe der Queen die Hand gegeben.“
Gerhard Meißner (63) sitzt in seinem gemütlich eingerichteten Zimmer im Haus Günsbach im 3. Stock. Über den Balkon hat er einen weiten Blick Richtung Innenstadt. Er hat in diesem Moment aber nur Augen für eine Sendung, die gerade im TV läuft: „Unsere kleine Farm“. Er kennt alle Folgen, weiß alles über die verschiedenen Akteure, kommentiert mit Freude die aktuelle Handlung. Seit März 2022 lebt er in der Stiftung in einem Wohnbereich für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Gerne erzählt er über sich und sein Leben in der Stiftung.
Lieber Herr Meißner, hier hängen ja so viele Bilder von der Queen. Sind Sie ein Fan?
„Aber klar doch, ich habe ihr sogar schon mal die Hand gegeben. Das war 2004 am Brandenburger Tor, da habe ich mir extra einen Platz in der ersten Reihe gesichert. Das war wirklich beeindruckend, als es dann wirklich geklappt hatte. Überhaupt interessieren mich die europäischen Königshäuser, aber die Queen verehre ich am meisten. Da bin ich schon fast ein Monarchist (schmunzelt).“
Wie passt das denn zu ihrem Leben damals in der sozialistischen DDR?
(winkt ab). „Das ist doch egal. Ich kann mich nicht beklagen über die Zeit. Ich bin in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Mit der Schwalbe war es eine Stunde zur Ostsee. Da habe ich viele schöne Momente verbracht. Aber es gab auch Rückschläge: Ich wollte Leistungsschwimmer werden. 1976 war ich fast im Team für die Olympischen Spiele dabei, leider war ich knapp zu jung für die Teilnahme. Dann wollte ich Außenhandelskaufmann zur See werden, aber dafür hatte ich zu viel „Westverwandschaft“. Ich habe dann eine Lehre als Fleischer- und Wurstmachermeister gemacht und ab 1988 in Berlin auf dem Postamt gearbeitet.“
Wie erging es Ihnen nach der Wende?
„Das war natürlich eine große Umstellung. Das Recht auf Arbeit und Wohnen gab es nicht mehr. Das finde ich bis heute nicht gut. Größtenteils habe ich dann als Grabpfleger gearbeitet, zum Beispiel auf dem jüdischen Friedhof, wo ich das Grab des Schriftstellers Stefan Heym pflegen durfte oder auf dem Auferstehungsfriedhof die Gräber einiger Mauertoten.“
In Ihrem Zimmer kann man viele gemalte Bilder bewundern. Ist das Ihre liebste Beschäftigung?
„Auf jeden Fall. Ich habe schon als Kind am liebsten gemalt. Im Moment male ich am liebsten Tiere, vor allem Kühe. Mein Lieblingsbild ist aber eines von dem Esel Furzi aus dem Streichelzoo, den ich gerne und oft besuche.“
Also haben Sie sich gut in der Stiftung eingelebt?
„Das ist mein Ding hier. Ich fühle mich sehr wohl. Gerne gehe ich ins TagesZentrum, um zu malen und zu zeichnen. Ich habe mich mit einigen Bewohnern angefreundet und wir gehen zum Beispiel zusammen essen im Haus Berlin.“
Sind Sie mit der Betreuung zufrieden?
„Absolut. Ich möchte an dieser Stelle nochmal sagen, was hier alle leisten, ist nicht selbstverständlich. Sowohl in der Wohnstätte, als auch im TagesZentrum. Das will ich hiermit unbedingt würdigen. Eine Mitarbeiterin nennt mich zum Beispiel immer Schatz und bringt mir jetzt sogar etwas von ihrer Urlaubsreise mit. Und ich werde bei Arztgängen und natürlich bei meiner Malerei sehr unterstützt.“
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
„Ich selbst bin wunschlos glücklich. Für die Welt wünsche ich mir Frieden in der Ukraine und in Israel.“