„Es geht alles, wenn man will.“
Birgit Matern (75 Jahre) sitzt gemütlich im Bäckerei-Café am Pastor-Niemöller-Platz, direkt im Haus, in dem sie in einer Wohnstätte der Stiftung wohnt. Sie ist ein wahres Urgestein, wohnt in der Stiftung schon seit der Gründung, am jetzigen Standort seit der Eröffnung 2002. Nach zwei schweren Schlaganfällen vor vielen Jahren ist sie auf den Rollstuhl angewiesen und teilweise motorisch beeinträchtigt, genießt aber sichtlich ihr Stück Kuchen und führt die volle Kaffeetasse zum Mund. Das sie dabei ein wenig kleckert, egal. „Es geht alles, wenn man will“, erklärt sie mit einem energischen Unterton ihr Lebensmotto mit seit den Anfällen gebrochener Stimme. Sie sei Optimistin geblieben, trotz allem.
Liebe Frau Matern, Sie wohnen ja schon so lange in der Stiftung, sind Sie auch hier in der Gegend geboren?
„Ja ich bin hier in Pankow-Heinersdorf geboren, habe noch eine Schwester. Mein Vater hatte eine Werkstatt für Reparatur von Registerkarten, damals in der DDR. Da habe ich als Kind oft geholfen. Meine Mutter war Schaffnerin in der Straßenbahn.“
Können Sie sich noch daran erinnern, was Sie in Ihrer Kindheit am liebsten gemacht haben?
„Ich habe sehr gerne gestrickt und gehäkelt. Ich bin zehn Jahre gerne zur Schule gegangen und Mathe war immer mein Lieblingsfach. Ich helfe heute noch den Betreuer*innen gerne beim Rechnen und Schreiben (schmunzelt).“
Wie ging es in Ihrem Leben weiter?
„Ich habe geheiratet, sechs Kinder bekommen, inzwischen freue ich mich über neun Enkelkinder. Ich habe im Fernmeldeamt Mitte als Fernschreiberin gearbeitet. Dann hatte ich leider im Alter von nur 48 Jahren die beiden Schlaganfälle, danach war nichts mehr wie vorher. Es ging mir zwar im Kopf wieder besser und meine Kinder haben mir dann auch eine elektrische Schreibmaschine gekauft. Aber arbeiten konnte ich dann trotzdem nicht mehr.“
Das war bestimmt nicht leicht. Sie sind seitdem auf Unterstützung angewiesen. Wie geht es Ihnen hier?
„Mir gefällt es sehr gut. Es ist ruhig, nur ein Mitbewohner macht manchmal Theater. Ich habe eine sehr gute Freundin, die Ursula. Wir unternehmen viel miteinander. Leider ist mein Mann vor vier Jahren gestorben. Er war am Schluss in einem Seniorenheim im Gesundbrunnen untergebracht. Wir haben all die Jahre aber immer viel unternommen, sind spazieren gegangen und einkaufen gefahren.“
Und wie verbringen Sie hier Ihre Zeit?
„Ich war mal jahrelang Bewohnerratsvorsitzende. Das hat mir gefallen, weil wir da unsere Wünsche besprechen konnten. Heute helfe ich gerne im Haushalt, zum Beispiel beim Abwaschen und ich hole die Post aus dem Briefkasten. Manchmal mache ich auch beim Kochen mit, am liebsten, wenn es mein Lieblingsgericht Königsberger Klopse gibt. Mit richtig viel Kapern mag ich die am liebsten. Das Essen ist hier wirklich hervorragend, wir haben eine eigene Köchin hier.
Außerdem bin ich viel im Haus unterwegs, besuche gerne meine ehemalige Gruppe aus der 1. Etage. Ich feiere gerne Feste, zum Beispiel unser Hoffest oder das Frühlingsfest, da helfe ich gerne bei den Vorbereitungen. Nur Karneval mag ich nicht, weil ich mich nicht verkleiden will.“
Und kommen Sie auch mal raus? Machen Sie Ausflüge?
„Wir sind viel im Schlosspark oder im Bürgerpark, waren auch schon im Tierpark und im Zoo. Sehr gerne bin ich an der Ostsee, da war ich jetzt schon ganz oft. Am liebsten fahre ich aber einfach durch Berlin. Ich bin als Kind bei meiner Mutter oft in der Straßenbahn mitgefahren. Auch deshalb kommen jetzt oft Erinnerungen hoch. Neulich war ich in der Schönhauser Allee, wo ich früher immer einkaufen war. Ganz in der Nähe hatte auch mein Onkel einen Milchladen und beim Bäcker Siebert hat meine Oma immer den Kuchen geholt.“
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
„ich möchte gerne noch oft an die Ostsee fahren und Berlin weiterhin erkunden. Als nächstes würde ich gerne in die Oranienburger Straße, wo ich als Fernschreiberin gearbeitet habe.“